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INTERVIEW
Sendung von 22. 08.2004
Sprecherin: 1838. Frederic Chopin reist mit seiner neuen Liebe George Sand und
deren Kindern auf die Insel Mallorca. Das milde Klima soll rheumatische Beschwerden bei einem der Kinder lindern, und bei Chopin für Erholung sorgen. Doch die Flucht vor dem
Pariser Winter misslingt, das einfache Leben hält allerlei Tücken für den Pianisten und die Schriftstellerin bereit.
Einspielung Klaviermusik Chopin
„Sand: (Adelheid Kleineidam) Wehe dem der in Spanien nicht mit allem
zufrieden ist. Man braucht nur die Mine ein bisschen zu verziehen, wenn man Ungeziefer im Bett oder einen Skorpion in der Suppe findet, und schon zieht man sich die tiefste
Verachtung zu und bringt alle Welt gegen sich auf.“
Sprecherin: Im Juli jährte sich Sands Geburtstag zum 200. Mal. Im
Audiobuch-Verlag erschien jetzt die Doppel-CD „Mallorca, die Alptrauminsel“. Mit Textcollagen und Klaviermusik hat Markus Haas darauf die beiden Ausdrucksebenen des
Künstlerpaares zusammengeführt. Markus Haas jetzt live auf Radio Eins.
Marion Brasch: Guten Abend Markus Haas.
Markus Haas: Guten Abend.
Marion Brasch: George Sand gilt ja, oder galt als eine der produktivsten aber auch
provokantesten und umstrittensten Autorinnen des 19. Jahrhunderts. Sie hat Männerklamotten getragen, sie hat geraucht, sie hat sich politisch unbeliebt gemacht. Also man hat sie
entweder abgöttisch geliebt oder aber leidenschaftlich gehasst, was haben Sie für einen Eindruck von dieser Frau?
Markus Haas: Sie hat sich biografisch entwickelt, diese männliche Gestalt der
George Sand. Die Großmutter hat sie nach dem Tod ihres Vaters aufgezogen und sie dann mit „mein Sohn angesprochen“ oder mit „Maurice“ dem Namen ihres Vaters, also da
sieht man schon, dass es etwas verquer gelaufen ist. Und sie hat sich, glaube ich, sehr stark in eine Distanz hineingelebt, und es war natürlich ihr Mittel -, männlich zu sein,
und damit gegen die Gesellschaft zu rebellieren.
Marion Brasch: Manche haben sie auch schon als Kommunistin bezeichnet, sind ja
sehr weit gegangen in ihren Bewertungen. – Nun hat sie mit Frédéric Chopin 9 Jahre ihres Lebens geteilt. Wie würden Sie diese Beziehung beschreiben? Also man erfährt ja auch
so einiges aus der CD, was das so für eine Beziehung war. War schon sehr speziell? Oder?
Markus Haas: Es ist sehr spannend, weil es natürlich eine Beziehung zwischen
einer „männlichen“ Frau und einem „weiblichen“ Mann war, das kann man einfach mal so in den Raum stellen, und diese Gegensätze sind natürlich ganz interessant
anzusehen. Ich denke, man könnte sogar sagen, sie war sehr mütterlich zu Chopin, ganz entgegen diesem Bild, dass von ihr aufgestellt worden ist, dass sie nur diese
„männliche, taffe“ Frau war, hatte sie eben solche Muttergefühle, diesem weiblichen Mann gegenüber, den sie „gehätschelt und getätschelt“ hat. Sehr subtil ist sie mit
ihm umgegangen, hat ihn betreut und hat auch vor allen Dingen sein Genie als Künstler ganz stark befördert und ihm in verschiedenster Weise geholfen.
Marion Brasch: Nun sind die beiden voller Hoffnung nach Mallorca gereist-, aber
diese Hoffnung wurde leider sehr ad absurdum geführt und grenzenlos enttäuscht, warum?
Markus Haas: Ja, es gab die Idee aus der Großstadt zu entfliehen, sich diesen
ganzen Zwängen zu entledigen, was natürlich auf eine Art auch geklappt hat. Sie schrieb dann, dass
sie in Pantoffeln über die Insel „gelatscht“ wäre, wörtlich hat sie das so gesagt. Sie konnte sich durch diese Flucht der feinen Gesellschaft entziehen, und der Konvention. Auch Chopin schreibt das, er hatte keine weißen Handschuhe mehr an und er war unfrisiert und wahrscheinlich auch unrasiert. -
Aber natürlich war das nicht so wie wir das heute kennen, - Mallorca, eine
Touristeninsel . - Die Insel war eigentlich noch gar nicht erschlossen, und das Problem war, erstmal eine Unterkunft zu finden, bis sie dann in dieser Kartause von
Valldemosa angekommen sind, wo sie auch einen großen Teil der Zeit verbracht haben.
Marion Brasch: Sie haben das nun verarbeitet. Sie haben die Musik Chopins mit den
Texten, also zum Teil auch Briefe von Chopin, mit den Texten von George Sand zusammengebracht, warum? Also es muss ja so ein Aha-Erlebnis gegeben haben, um zu sagen, dass ist
faszinierend, genau das will ich jetzt tun. Sie haben das ja auch schon mit Clara Schumann gemacht.
Markus Haas: Ja, wir haben auch schon ein Hörspiel über Clara und Robert Schumann gemacht. –
Interessant ist einfach die Zusammenführung verschiedener Ebenen, der
literarischen oder auch biografischen Ebene mit der Musik. Man muss davon ausgehen, dass wenn Chopin auf Mallorca „Préludes“ schreibt, dass er von den Eindrücken die dort
auf ihn stürzten, so beeindruckt war, dass er damit was gemacht hat. - Also er konnte sich dem nicht einfach entziehen und wunderschöne Musik schreiben, ohne dass es dazu
Verknüpfungen gibt, Das ist es auch was die Zuhörer letztendlich immer bestätigen, dass sie durch bildhafte Assoziationen zur Musik einen viel größeren Zugang bekommen, und
das ist natürlich mir als Musiker wichtig, dass überhaupt Menschen an diese Musik herangeführt werden.
Marion Brasch: Jetzt werden es noch ein paar mehr sein, also Sie können
eintauchen in diesen Alptraum, in Anführungsstrichen, diese Reise nach Mallorca. - Markus Haas, er schuf zusammen mit dem Ensemble Cantofun das musikalisch-literarische Hörspiel
„Mallorca, die Alptrauminsel“, mit Texten von George Sand, und Briefen und Liedern von Frédéric Chopin und natürlich den Préludes. Erschienen ist die Doppel-CD im
Audiobuch-Verlag, - kostet Euro 19,90 -, und wir verlosen zwei Exemplare, wenn sie uns eine Frage beantworten können.
George Sand war ja der männliche Künstlername der Schriftstellerin, wir wollen
ihren bürgerlichen Namen wissen. Der ist ein bisschen länger, aber wenn sie Internet haben, geht das auch schnell wenn sie´s nicht im Kopf wissen. 0331...... Vielen Dank
Markus Haas. .
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